Erfahrungen, die Mut machen

Eine Pastoral-praktische Ideenbörse

 

Hier eine Zusammenfassung der Themen unserer ersten Fortbildung im Februar 2010:

Pfarrer müssen loslassen. Der Druck ist groß: Verantwortung für immer mehr Gemeinden tragen und zugleich noch Seelsorger sein sollen ? Mit viel Aufwand das traditionelle Programm des Kirchenjahres in möglichst jeder Gemeinde aufrecht erhalten und zugleich Wege zu Menschen suchen, die sich vom herkömmlichen Programm einer Kirchengemeinde nicht mehr ansprechen lassen. Mögliche Perspektiven, diesen Spagat gut hinzubekommen, entwickelten die Teilnehmer der pastoralpraktischen Ideenbörse für Pfarrer, einem Fortbildungstag des Instituts für theologisch-pastorale Fortbildung der Diözese Würzburg in Zusammenarbeit mit der Pfarrerinitiative.

 

Das System der Bezugspersonen in einer Pfarreiengemeinschaft
von Pfarrer Karl Feser, Sitz in Bad Königshofen

Einen ersten Ansatz zum Umgang mit großen Seelsorgseinheiten stellte Pfarrer Karl Feser am Beispiel Bad Königshofen vor. Die acht Kirchengemeinden, die noch vor Jahrzehnten von fünf eigenständigen Pfarrern geleitet wurden bilden heute eine Pfarreiengemeinschaft. Die Letztverantwortung für die gesamte Einheit bleibt wie vom Kirchenrecht gefordert beim Pfarrer. Doch Leitung und Verantwortung innerhalb der Pfarreiengemeinschaft wird für einzelne Gemeinden auf Pfarrer, Diakon und Pastoralreferentin aufgeteilt. So sind die drei für jeweils zwei bzw. drei Kirchengemeinden die Bezugsperson. Dazu gehört der (stellvertretende) Vorsitz in der Kirchenverwaltung, die Vertretung des Pfarrers im Pfarrgemeinderat, die Zuständigkeit für die örtlichen Kindergärten, und vieles andere mehr. Gleichzeitig übernehmen sie aber auch übergreifend Aufgabenbereiche für die gesamte Pfarreiengemeinschaft (z.B. Jugendarbeit, Katechese, Familienarbeit, o.ä.) Eine wichtige Rolle spielen daneben auch die örtlichen ehrenamtlichen Ansprechpersonen, die sich über die letzten Jahre herausgebildet haben. Diese werden von den Bezugspersonen begleitet und bestärkt.

 

Pfarreiengemeinschaft in der Innenstadt
von Pfarrer Erhard Kroth, Sitz in Würzburg, Stift Haug

Dass auch im städtischen Kontext die einzelnen Pfarreien nicht einfach zugunsten einer größeren Einheit aufgelöst werden sollten, betonte Dekan Erhard Kroth am Beispiel der Pfarreiengemeinschaft Würzburg-Innenstadt. Auch wenn die Pfarreien angesichts der zahlreichen überpfarrlichen kirchlichen Angebote (z.B. Klöster, Gesprächsladen) an Bedeutung verlieren, identifizieren sich gleichwohl zahlreiche Katholiken mit ihrer Pfarrei, zu der sie gehören. Umso größer die Seelsorgsräume werden, um so wichtiger werden kleine überschaubare Orte von Kirche. In Zukunft ist immer deutlicher zu unterscheiden zwischen rechtlichen territorialen Größen (Pfarreien, Pfarreiengemeinschaften) und Ver­gemein­schaftungen von Christen, die auf Dauer oder zeitlich begrenzt gemeinsam Wege in ihrem Glauben gehen (Gemeinden). Gemeinde können so auch die Familien auf dem Weg zur Erstkommunion bilden oder Bibelkreise, die nicht beim Gespräch stehen bleiben, sondern auch als christliche Gruppe aktiv werden.

 

Kleine christliche Gemeinschaften
von Pfarrer Manfred Endres, Sitz in Bischofsheim

Ein Modell, bei dem sogenannte Kleine Christliche Gemeinschaften (KCG) das grundlegende Strukturprinzip von Kirche darstellen, erläuterte Pfr. Manfred Endres aus Bischofsheim. Schon seit mehr als 10 Jahren finden dort Alpha-Kurse statt, deren Schwerpunkt auf Glaubens­gesprächen in kleinen Gruppen liegt. Doch die Erfahrung auch andernorts zeigt: Solche Gruppen haben oftmals nicht lange Bestand. Oder aber sie festigen sich so sehr, dass sie sich abkapseln und nur noch ihr Eigenleben führen. So fiel in Bischofsheim im vergangenen Jahr die Entscheidung für das Konzept der Kleinen Christlichen Gemeinschaften mit seinen folgendenden Merkmalen: - Die Zugehörigkeit ist vollkommen freiwillig. (im Gegensatz z.B. zu pfarreilichen Angeboten zur Sakramentenvorbereitung) - Alle Mitglieder tragen kraft ihrer Taufe und Firmung gemeinsam die Gruppe. Es gibt keinen Experten. Der Pfarrer nimmt nicht an Gruppentreffen teil. ´ - Die Gruppen sind über Ansprechpersonen, die sich vierteljährlich mit dem Pfarrer zum Austausch und zur Fortbildung treffen, an die Pfarrei angebunden. - Die Gruppe ist ständig offen für neue Mitglieder und bereit, bei entsprechendem Zuwachs, sich zu in zwei Gruppen zu teilen. - Die Methode Bibel-Teilen schließt nicht nur Bibelgespräch und Gebet, sondern auch das gemeinsame Aktivwerden in der Pfarrei mit ein. Zur Zeit gibt es in der Pfarreiengemeinschaft Bischofsheim fünf solcher Kleinen Christlichen Gemeinschaften, die sich monatlich treffen. Langfristiges Ziel ist es, dass in jedem Ort der Pfarreiengemeinschaft mindestens 1-2 solcher Gruppen existieren und jeweils auch einen Vertreter in den Pfarrgemeinderat entsenden. Die Aufgabe des Seelsorgers besteht darin, solche Gemeinschaften zu gründen und zu fördern. Und immer wieder auch Widerstand von seiten der Pfarreiangehörigen abzubauen, die allein das Aufrechterhalten der bisherigen Pfarreistruktur im Blick haben. Das Engagement für diese neue Art Kirche zu sein ist gerade auch für Pfarrer Manfred Endres eine große Kraftquelle. Es ist eine Freude, zu sehen, wie der Heilige Geist in jedem Menschen wirkt. Die meisten Christen haben nur nicht gelernt, darüber zu sprechen. Hier haben Seelsorger die Aufgabe Menschen zu fördern und weiterzubilden. Das Ziel sind Christen, die sich aufgrund persönlicher Erfahrungen für ihr Christsein bewusst entschieden haben. Hier sind Pfarrer gefragt, die loslassen und sich zurücknehmen können. Die Kirchenamtliche Struktur muss Kontrolle aufgeben lernen und mehr ihre dienende Funktion an der Gemeinschaft der Glaubenden betonen. Die Pfarrerzentriertheit der Gemeinden ist vielfach derart hoch, dass vieles Gute wieder eingeht, sobald nach einem Wechsel der neue Pfarrer andere Schwerpunkte setzt. in möglichst jeder Gemeinde aufrecht erhalten und zugleich Wege zu Menschen suchen, die sich vom herkömmlichen Programm einer Kirchengemeinde nicht mehr ansprechen lassen.

 

Das gemeinsame Requiem
Pfarrer Stephan Schwab, Sitz in Zeil am Main

Wenn der Pfarrer nur noch der einzige Priester in der Pfarreiengemeinschaft ist, dann wird es für ihn sehr eng wenn auf ihn 80 bis 120 Beerdigungen pro Jahr zukommen. Was ist da eine angemessene Lösung?

Folgende Ausgangssituation war gegeben:

- zuerst war die Beerdigung, dann im Anschluss das Requiem (mitten am Tag, gegen ca 15.00 Uhr. Der Pfarrer musste sich sämtliche Tage freihalten für ein mögliches Requiem.
- Das Requiem war oft nur ein Anhängsel, da die Traueransprache bereits auf dem Friedhof war. Das Requiem war nicht großartig vorbereitet.

Der Pfarrer hat zusammen mit den Gremien über verschiedene Alternativen nachgedacht:

- Die Abendmesse eines Tages als Requiem gestalten.
- In jeder Pfarrei ein Requiem abhalten (das lässt nicht erkennen, dass es um eine Pfarreiengemeinschaft geht).

Für folgende Lösung hat man sich entschieden: Ein Sammelrequiem einmal im Monat.

Was ist das Anliegen, das dahinter steht?

- Das Sammelrequiem soll allen Verstorbenen ein Requiem ermöglichen (gehört einfach zur katholischen Beerdigungsform dazu)
- Den Trauernden soll eine größere Trostgemeinde ermöglicht werden (Leute aus dem Ort können daran teilnehmen).
- Trauernde fühlen sich nicht so allein (es sind auch andere, die noch trauern anwesend).
- Das Requiem kommt gut an als Dienst in der Trauerfürsorge (dadurch dass es zeitlich späer angesetzt ist, kann es gut vorbereitet werden)
- Das Requiem ermöglicht einen nochmaligen Kontakt zu den Trauernden.

Wie ist dieser Ansatz zu bewerten?

Positiv:

- es ist eine größere Gemeinde da
- Trauernde und Nichttrauernde sind zusammen
- In der Liturgie Unsichere werden von der Stammgemeinde aufgefangen
- Das Requiem ist gut vorbereitet (Bild des Verstorbenen, ein Trostgedanke wird mitgegeben und persönlich ausgehändigt)
- ein nochmaliger Kontakt ist möglich

Negativ:

- Familien können in ihrer Trauersituation noch nicht ganz abschließen
- Die Leute müssen aus den anderen Gemeinden der Pfarreiengemeinschaft aufbrechen zum Requiem.
- Auswärtige Verwandten können meistens nicht mehr dabeisein.


Neue Wege der Sakramentenkatechese
Pfarrer Joachim Bayer, Sitz in Estenfeld

Wenn jahrzehntelang die gleiche Form der Erstkommunionvorbereitung durchgeführt wurde und ein neuer Pfarrer mit neuen Formen von Katechese ankommt, weckt das zunächst Widerstände. Doch wenn zwei große Gemeinden zusammenrücken zu einer Pfarreiengemeinschaft, dann hat das auch Auswirkungen auf die Katechesen. So werden nun Firmkatechese und Kommunionkatechese von den Hauptamtlichen Laien durchgeführt für die gesamte Pfarreiengemeinschaft. Wer verantwortlich ist für die Katechese, der führt sie auch vollständig durch. Der Austausch mit dem Pfarrer läuft über das Dienstgespräch.
Es ist mehr möglich, wie wenn der Pfarrer wie früher die Katechesen durchführen würde, denn er hat oft nicht soviel Zeit übrig im ganzen Seelsorgs-Geschäft.
Es gibt Glaubensgespräche für die Eltern, Ostergarten (einzelne Stationen der Erfahrung). Bei den Elternabenden übernimmt den Inhaltlichen Teil der Pfarrer. Organisatorisches liegt in der Verantwortung des Hauptamtlichen Laien. Wobei auch die Hauptamtlichen Laien Inhalte einbringen bei den Thematischen Elternabenden.
Nach drei Jahren ist es akzeptiert, dass nicht der Pfarrer die Katechese durchführt. Die Hauptamtlichen Laien sind nun anerkannt.
Problem:
Der Pfarrer hat weniger Kontakt zu den Eltern und Kindern. Allerdings ist der Kontakt zu den Kommunionkindern manchmal über die Schule möglich. Die eigentlichen Probleme der Katechesen hängen nicht daran, ob der Pfarrer dem vorsteht oder nicht.

 

Geistlich Leiten in der Pfarreiengemeinschaft
von Pfarrer Armin Haas, ehemals Sitz in Burkardroth

10 Kirchengemeinden, 7000 Katholiken, ein gutes Seelsorgeteam. Es war im Team viel möglich an Kreativität. Die Gemeinden werden unter ein Jahresmotto gestellt. Ausgangspunkt war das Jahr 2000. Jeweils Im Sommer gibt es eine Jahresreflexion für das Seelsorgeteam. Rückblick geschieht mit kreativen Methoden. Daraus entwickelte sich ein Jahresthema, das in ganz verschiedenen Bereichen zum Thema gemacht wurde. Das Thema einigt die Vielen aus allen Kirchengemeinden. Ziel:
Persönlicher geistlicher Austausch im Seelsorgeteam, in den Gremien, in den Gemeinden.

Methoden des geistlichen Austausches werden gefördert:
Bibelteilen oder das Suchen von Fußspuren.
Sich ein Leitbild erarbeiten ist wichtig! Aus dem Jahresthema des Jahres 2006: "Jesus der gute Hirte" ist dann schließlich auch der Name für die Pfarreiengemeinschaft entstanden.
Vorteil:
Alle finden sich in diesem Namen, alle können sich damit identifizieren.
Ein Jahresthema gibt es allerdings nicht jedes Jahr, da wäre der Anspruch zu hoch, der Aufwand nicht leistbar. Die Gemeinden müssen lernen einen geistlichen Weg zu gehen, dafür ist ein Jahresthema gut geeignet.
Der Pfarrer, der ja vor allem geistlicher Leiter sein soll, hat die Aufgaben zu schauen, was ist wirklich dran in diesem Moment. Wie oft bleiben wir im Organisieren hängen und vergessen das Geistliche. Legen wir doch den Schwerpunkt auf das Geistliche!
Wichtig ist es geistliche Elemente gerade auch im Team einzubringen. Es geht nicht nur um Rückblick, Ausblick, Terminabsprache und Organisation. Es kommt darauf an Raum zu geben für das, was Gott uns sagen will!

 

Schlussrunde am Ende des Fortbildungstages:

In der Abschlussrunde bedanken sich die Anwesenden für diese kleine Fortbildung. Es gab viele Anregungen. Dass Pfarrer Ideen weitergeben ist wichtig, nicht jeder muss das Rad neu erfinden. Vieles an dem Vorgetragenen war sehr inspirierend. Man kann sich viele neue Gedanken mitnehmen. Es wird darauf hingewiesen, dass wir mehr Solidarität der Priester und Pfarrer füreinander brauchen. Wir müssen lernen in Angstfreiheit reden zu können. Der Tag hat gezeigt es gibt viel Potential innerhalb der Priesterschaft und ein gegenseitiger Austausch ist ein Gewinn. Es tut gut zu sehen, was schon alles versucht wird. Die momentane Situation der Kirche in Deutschland ist ernst zu nehmen und aus dem Ganzen sollte das Beste gemacht werden. Die positive Stimmung der Fortbildung hat gut getan. Optimismus ist wichtig bei den momentanen Herausforderungen für die Pastoral. Gott ist da und wirkt, wir müssen uns nur einklinken

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Aus der Diözese Würzburg sind Mitglieder

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Pfarrer Joachim Bayer

Pfarrer Stephan Eschenbacher

Pfarrer Karl Feser

Pfarrer Armin Haas

Pfarrer Gerhard Hanft

Pfarrer Nikolaus Hegler

Pfarrvikar Matthias Karwath

Pfarrer Matthias Lotz

Michael Sell

Pfarrer Gregor Sauer

Pfarrer P.Rudolf Theiler OCarm

Pfarrer Uwe Nimbler

Pfarrer i.R. Klaus Beurle

Pfarrer i.R. Josef Wirth

Pfarrer Manfred Endres

Pfarrer Wolfgang Zopora

Pfarrer Stefan Kömm

Pfarrer Norbert Reinwand

Pater Helmut Esser

Pfarrer Gerd Greier

Pfarrer Michael Erhart

Pfarrer Hermann Becker

Pfr. i.R. Armin Ammersbach

Pfarrer Stefan Redelberger

Pfarrer Klaus Beisswenger

Pfarrer Markus Krauth

Pfarrer Erhard Kroth

Pfr. i.R. Adalbert Benker

Pfr. i.R. Arnold Seipel

Diakon Michael Nowak

Mitglieder in der Ewigkeit:

Pfarrer Roland Breitenbach