Erschüttert nehmen wir das Ausmaß des Leides unzähliger
Opfer sexualisierter Gewalt durch Vertreter der Kirche zur Kenntnis. Als
Priester und Diakone können wir das „Problem“ nicht länger nur in einzelnen auf
Abwege geratenen Mitbrüdern sehen, mit dem wir anderen nichts zu tun haben.
Jeder einzelne von uns muss sich fragen: Wo habe ich
weggeschaut? Bei welcher Entscheidung habe ich mehr das Wohl der Täter als das
Wohl der Opfer im Blick gehabt? Wie habe ich als Personalverantwortlicher durch
Nichtstun oder Versetzung eines Priesters in eine andere Gemeinde es zugelassen
oder gar ermöglicht, dass noch mehr Kindern unsägliches Leid zugefügt wurde?
Es genügt nicht, dass aktuell amtierende Bischöfe sich zum
Versagen „der Kirche“ in den letzten Jahrzehnten bekennen und öffentlich um
Verzeihung bitten. Nicht nur jeder Missbrauchstäter, auch jeder, der vertuscht
hat, muss persönlich zu seiner Schuld stehen: vor sich selbst und vor Gott, vor
jedem einzelnen Opfer und ggf. auch vor einem staatlichen Gericht.
Gleichzeitig gilt es schonungslos offenzulegen, wie
kirchliche Machtstrukturen sexualisierte Gewalt und deren Vertuschung
begünstigt haben und heute noch begünstigen. Entscheidungsgewalt und
Leitungsmacht werden nach wie vor von Vertretern der kirchlichen Hierarchie
(Priester, Bischof und Papst) weitgehend unkontrolliert ausgeübt und dies
oftmals noch religiös damit begründet, dass der Geweihte Christus
repräsentiert, der uneingeschränkt Herr seiner Kirche ist.
In Staat und Gesellschaft bewährte Instrumente der
Machtbegrenzung wie zum Beispiel die Gewaltenteilung und das Anerkennen von
grundlegenden Menschenrechten müssen Eingang finden in eine Verfassung der
römisch-katholischen Kirche. Ansonsten bleiben theologische Aussagen von der
„gleichen Würde aller Getauften“, die alle „Anteil haben am königlichen,
priesterlichen und prophetischen Amt Jesu Christi“ angesichts der im
kirchlichen Rahmen tausendfach mit Füßen getretenen Würde der Opfer
sexualisierter Gewalt hohle Phrasen und leeres Gerede.
Für die Pfarrerinitiative Würzburg
Christian Ammersbach, Joachim Bayer, Armin Haas, Nikolaus
Hegler, Matthias Lotz, Michael Nowak